Der Rettungsdienst im Ausnahmezustand / Die nächste kleine Änderung des Rettungsdienstgesetzes von Berlin / Doch Vorsicht für die Berliner Feuerwehr ist geboten

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Berlin (ots) –

Nach der ersten kleinen Änderung des Rettungsdienstgesetzes von Berlin (RDG) am 22.02.2023 steht nun ein nächster Schritt an. Leider handelt es sich dabei nicht um die sehnsüchtig erwartete Novellierung des gesamten Gesetzes, sondern beim genauen Hinsehen nur um die Verstetigung dessen, was im Jahr 2023 den Unterschied gemacht hat.

„Die durch die Abweichverordnung geschaffene Möglichkeit, Kolleginnen und Kollegen entsprechend ihrer Qualifikation einzusetzen, hat dem Rettungsdienst in Berlin im Jahr 2023 förmlich den Hintern gerettet. Es ist daher vollkommen richtig, diese Erkenntnisse nicht zu ignorieren und den nächsten Schritt zu gehen. Die erfolgreiche Abweichverordnung gehört von ihren Bedingungen gelöst und entfristet“, so Lars Wieg, Vorsitzender der Deutschen Feuerwehr Gewerkschaft Berlin Brandenburg.

Die vorgelegten Änderungen im RDG, die heute zur ersten Lesung im Abgeordnetenhaus von Berlin auf der Tagesordnung sind, lösen aber deutliche „Red Flags“ aus. Zu wenig flexibel, an Einzelpersonen hängend werden Tatsachen geschaffen, die bei Einführung in eine sofortige Personalmangellage führen können.

Die Gesetzesänderung fordert eine Zusatzausbildung von bis zu 160 Stunden für Rettungssanitäter, um einen Notfalltransport, im Sinne der zu verstetigenden RDAbweichV, verantwortlich überwachen zu dürfen. In dem Moment, in dem das aktuell formulierte Gesetz rechtskräftig wird, lässt sich der überwiegende Teil der Kolleginnen und Kollegen nicht mehr entsprechend einsetzen. Auch langgediente sogenannte RS2000 dürfen nicht in Verantwortung fahren, da es die geforderte Zusatzausbildung flächendeckend nicht gibt.

„Um die an einer Klippe stehende Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes nicht noch sehenden Auges in den Abgrund zu stoßen, braucht es eine Übergangsfrist, in der sich regeln lässt ab welchem Zeitpunkt die Zusatzausbildung zur Bedingung wird. Alternativ ist auch vorstellbar weiter nach den Regularien der aktuellen RDAbweichV handeln zu können, bis die Kolleginnen und Kollegen eine Zusatzausbildung im gewünschten Umfang erhalten haben. Ohne diese Berücksichtigung das Gesetz von jetzt auf gleich einzuführen, schafft neue alte Probleme“, so Wieg und weiter „Beim genauen Hinsehen stechen zudem Formulierungen ins Auge, die Einfluss auf die gesamte Organisation beschreiben aber ausschließlich in der Hand der ärztlichen Leitung liegen. Die Berliner Feuerwehr kann sich aktuell mit einem hervorragenden ärztlichen Leiter ausgestattet sehen und wir hoffen, dass das lange so bleibt. Erfahrungen aus der Vergangenheit sollten uns jedoch gelehrt haben, dass bei organisatorischen Entscheidungen wenigstens ein – im Einvernehmen mit der Behördenleitung bzw. mit dem Aufgabenträger – in den Gesetzestext rein muss“ – siehe Drucksache 19/1490 RDG §9 (2) b

Es ist unstrittig, dass Fortbildungen und zusätzliche Qualifikationen wünschenswert sind. Wir sehen hiervon leider viel zu wenig. Besonders fällt das auf, wenn es um den Vorläufer des Notfallsanitäters (NotSan), dem Rettungsassistenten geht. Kolleginnen und Kollegen, deren Ausbildungsumfang unterschiedlicher kaum sein kann. Es gibt Rettungsassistenten, die nicht mehr als eine dreimonatige Ausbildung haben, eine halbjährige Fortbildung oder eine Vollausbildung von 24 Monaten. Und doch erwartet man annähernd die gleichen Kompetenzen und Fähigkeiten, die man an einen Notfallsanitäter stellt. Die bereits im Jahr 2023 beschlossene Laufzeit wurde um 5 Jahre auf Ende 2029 verlängert. Konzepte zur Nachschulung sucht man vergebens.

Abseits des Gesetzestextes sehen wir noch viele Fragen unbeantwortet. Einiges wird sicher Teil der Novellierung des RDG sein müssen, einiges wiederum nicht. Die Besetzung von Rettungsmitteln über eine Rechtsverordnung zu regeln (und eben nicht im Gesetz zu verankern) würde den Senat in die Position versetzen auch auf zukünftige Krisen flexibel zu reagieren.

Die Umverteilung von Verantwortung muss sich zwangsläufig auch auf Besoldung und Tarif niederschlagen. Für Beamte in der Besoldung A7 und tarifbeschäftigte Rettungssanitäter in der Eingruppierung E4 führt die fehlende finanzielle Würdigung bei Erweiterung der Verantwortung zu Unverständnis und Frust. Neben einer Gesetzesänderung sollte es daher eine Selbstverständlichkeit sein, dass man diese Veränderungen im Sinne einer Personalentwicklung fördert und begleitet.

„Genau jetzt bietet sich die Gelegenheit unserer Forderung nach einem Laufbahnzweig Rettungsdienst Leben einzuhauchen und im Zuge von Zusatzausbildungen und Modulen engagierte Kolleginnen und Kollegen, vom Rettungssanitäter bis hin zum Notfallsanitäter auch laufbahnübergreifend, zu entwickeln. Eine höhere Qualifikation und Verantwortung muss sich auf dem Gehaltsbogen niederschlagen“, so Lars Wieg.

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Manuel Barth
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Quelle: ots