Schutzstatus des Wolfes beibehalten – Appell an Bundesumweltministerin Steffi Lemke

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Bad Dürkheim (ots) –

Auf EU-Ebene setzen sich 270 Tier- und Naturschutzorganisationen für den Erhalt des aktuellen strengen Schutzes von Wölfen ein. Eine Lockerung des Schutzes und damit der Weg zu einem wie auch immer gearteten Bestandsmanagement kommt zwar den einseitigen Forderungen von Landnutzergruppen entgegen, ist aber – wie etliche Studien und auch die Praxis zeigen – nicht zielführend. Weder sinken dadurch die Risszahlen, noch geht die Anzahl illegaler Wolfstötungen zurück. Die wirksamste Lösung für ein Miteinander mit dem Wolf ist ein Bestandsmanagement allein durch das Revierverhalten residenter Wölfe, gepaart mit flächendeckendem Herdenschutz.

Appell an Bundesumweltministerin Steffi Lemke:

Sehr geehrte Frau Ministerin,

die unterzeichnenden Tier- und Naturschutzorganisationen, über 7.300 Unterzeichner dieses Schreibens[1] und über 34.500 Unterzeichner einer Petition[2], die sich grundsätzlich gegen die Jagd auf den Wolf aussprechen, appellieren an Sie, sich für die Beibehaltung des strengen Schutzes der Wölfe in Deutschland und in Europa – auch gegen Widerstände in der Ampelkoalition – einzusetzen. Bitte stimmen Sie im Kreis der EU-Umweltminister gegen den von Bauern- und Jagdvertretern lancierten und nicht wissenschaftlich begründeten Vorschlag der EU-Kommission, den aktuellen Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen.

Vor allen Dingen diese Argumente sprechen für die Beibehaltung des strengen Schutzes von Wölfen:

– Die Herabsetzung des streng geschützten Wolfes bedeutet, den Weg für seinen Abschuss im Rahmen von „Wolfsmanagement-Maßnahmen“ freizumachen. Das, was Agrar- und Jagdlobby fordern und die EU-Präsidentin wahltaktisch und als Betroffene eines Wolfsrisses unterstützt, ist weder erforderlich noch sinnvoll noch im Sinne der Biodiversitätsziele der EU.
– Aufgrund bereits bestehender gesetzlicher Möglichkeiten der Tötung einzelner Wölfe können ernsthafte Mensch-Wolf-Konflikte auch letal gelöst werden. Ein mit der Tötung von Wölfen verbundenes Wolfsmanagement ist – wie andere europäische Länder, z.B. Schweden, Frankreich oder Tschechien zeigen – weder im Hinblick auf die Akzeptanz des Wolfes in Tiernutzerkreisen noch im Hinblick auf weniger Weidetierrisse zielführend. Durch jagdliche Maßnahmen freiwerdende Territorien werden durch Zuwanderung neu besetzt. Verbleibende nicht adulte Wölfe werden zu einem zusätzlichen Risiko für die Weidetierhaltung. Dagegen führt ein stabiles Reviergefüge durch Lernen und Weitergabe an den Nachwuchs zu dauerhaft geringen Risszahlen, sofern die Wölfe funktionstüchtigen Herdenschutz kennengelernt haben. Auch ist nicht zu erwarten, dass durch eine Lockerung des Schutzes die Zahl illegal getöteter Wölfe zurückgeht.
– Die Savanta-Studie (2023) belegt, dass entgegen den Stimmen der sich als Sprachrohr der ländlichen Bevölkerung gerierenden Bauern- und Jagdverbände die überwältigende Mehrheit der Landbevölkerung in zehn EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, der Meinung ist, dass große Beutegreifer, darunter auch Wölfe, in der EU weiterhin streng geschützt sein und ein Recht auf Koexistenz mit dem Menschen haben sollten.[3]
– In Deutschland und in weiten Teilen Europas müssen die Menschen erst wieder lernen, mit dem Wolf zu leben. Das A & O dafür sind geeignete, flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen, die derzeit in Deutschland in vielen Gebieten mit sesshaften Wolfsrudeln kaum umgesetzt werden. Andererseits ist belegt, dass dort, wo viele Wolfsterritorien besetzt sind, die Weidetierrisse aufgrund von Präventionsmaßnahmen rückläufig sind.[4]
– Weidetierrisse durch Wölfe finden in Europa quantitativ in einem volkswirtschaftlich kaum relevanten Bereich statt: Es werden überwiegend nicht geschützte Schafe (73 %) und Ziegen gerissen. Der Anteil der gerissenen Schafe ist mit 0,065 Prozent von ca. 60 Mio. Schafen in Europa verschwindend gering.[5]

Sehr geehrte Frau Ministerin, bitte bekennen Sie sich zum aktuell geltenden Recht. Stehen Sie dazu, dass Sie wie Anfang 2023 gemeinsam mit den Umweltministern und -ministerinnen aus weiteren 11 EU-Mitgliedstaaten „in einer Zeit der weltweiten Krise der biologischen Vielfalt die Tendenz, den gesetzlichen Schutz des Wolfes zu schwächen, eindeutig ablehnen“.

Wölfe sind ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Naturerbes. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt. Die Wiederausbreitung des Wolfes in Europa ist ein beachtlicher Erfolg für den Naturschutz, der durch einseitige Meinungsmache nicht gefährdet werden darf.

Mit freundlichen Grüßen unterzeichnen:

– Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. (bmt)
– Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT)
– Freundeskreis freilebender Wölfe e.V.
– Wildtierschutz Deutschland e.V. (WTSD)

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Quellen/Literaturhinweise 1-5: wildtierschutz-deutschland.de

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Über Wildtierschutz Deutschland e.V.:

Wildtierschutz Deutschland wurde 2011 gegründet, ist eine Tier- und Naturschutzorganisation, setzt sich gegen tierquälerische Jagdmethoden ein und für eine Reduzierung der jagdbaren Arten auf die Tierarten, für die ein vernünftiger Grund zur Bejagung im Sinne des Tierschutzgesetzes besteht. Außerdem engagiert sich der Verein für die Aufnahme, Versorgung und Auswilderung von in Not geratenen Wildtieren.

Mitbegründer des aktionsbuendnis-fuchs.de Mitglied der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT)

Pressekontakt:
Lovis Kauertz | Wildtierschutz Deutschland e.V.
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Quelle: ots