Deutschlands Fußball erlebt gerade massive Verwerfungen. Das liegt allerdings nicht an einer exzessiven Transferpolitik der Spieler, sondern an jener der Trainer. Hier hat das große Stühlerücken in den Vereinen begonnen. Offenbar werden alle Top-Klubs der Deutschen Fußball-Bundesliga ihre Trainer tauschen. Dazu kommt noch, dass nach dem Ende der UEFA Fußball-Europameisterschaft im Sommer ein neuer Bundestrainer ans Werk gehen wird.
Wechselvolle Zeiten
Fest steht, dass sich der Fußball in einer Zeit des Umbruchs befindet. Zunächst mussten die Teams diese Saison zumeist ohne Fans im Stadion spielen. Das kostete sie den gewohnten Adrenalinschub, der in entscheidenden Spielen den kleinen Unterschied ausmachen kann. Danach folgte die ungeheuer emotionale öffentliche Diskussion rund um die Super League. Diese hätte die ohnehin schon physisch stark belasteten Stars körperlich noch mehr unter Druck gebracht. Nicht erst seit gestern fordern prominenten Trainer wie Jose Mourinho mehr Rücksicht auf die Gesundheit ihrer Spieler. Sie sehen die Grenzen der Beanspruchung längst überschritten.
Studien beweisen, dass sich die Stars an die Belastungen angepasst haben. Sie legen während des Spiels weniger Sprints am Platz zurück, um ihren Körper zu schonen. In der Deutschen Fußball-Bundesliga könnte das Trainerkarussell bei den Spitzenklubs dafür sorgen, dass die Karten völlig neu gemischt werden. Das bietet den Verfolgern des Serienmeisters aus München die Chance, den Top-Verein im Umbruch zu überflügeln. Ob das gelingt, hängt vor allem von einem Mann ab.
Kann der Jungstar die hohen Erwartungen erfüllen?
Sein Name ist Julian Nagelsmann. Der erst 33-jährige Trainer von RB Leipzig gilt als eines der größten Trainertalente Deutschlands. Man sagt ihm bereits längere Zeit nach, eine Affinität zum FC Bayern München zu haben. Nun bekommt er Gelegenheit sein Können an einem der größten Fußballvereine der Welt unter Beweis zu stellen. Auslöser dieses Transfers war allerdings im weitesten Sinne Bundestrainer Joachim Löw.
Der entschloss sich überraschend sein Amt nach dem Ende der UEFA Fußball-Europameisterschaft zur Verfügung zu stellen. Damit eröffnete er dem in zahlreichen Grabenkämpfen verstrickten FC Bayern-München-Trainer Hansi Flick eine neue Karrierechance. Schließlich diente dieser bereit als Co-Trainer unter Löw und holte mit ihm gemeinsam den Weltmeistertitel 2014 in Brasilien. Flick, der in seiner ersten Saison in München nicht weniger als sechs Titel geholt hatte, gab entnervt auf und bat um eine vorzeitige Vertragsauflösung.
Damit eröffnete sich wie erwartet die große Chance für Nagelsmann. Die Verantwortlichen des Meisters ließen sich die Verpflichtung des RB Leipzig Trainers eine enorme Summe Geld kosten. Gerüchte sprechen von bis zu 25 Millionen Euro Ablöse. Damit wäre der 33-Jährige der teuerste Trainer der Welt.
Das Trainerkarussell dreht sich immer schneller
Nagelsmann brach mit seinem Transfer einen Rekord, den gerade erst der Trainer von Eintracht Frankfurt aufgestellt hatte. Sein Engagement ließ sich Borussia Mönchengladbach immerhin 7,5 Millionen Euro kosten. Schließlich war zuvor deren Trainer Marco Rose dem Ruf von Borussia Dortmund erlegen und wird in der nächsten Saison die Schwarz-Gelben unter seine Fittiche nehmen. Deren aktueller Trainer Edin Terzić gilt als möglicher Nachfolger von Oliver Glasner. Der könnte möglicherweise in die englische Premier League wechseln und zukünftig als Nachfolger von Jose Mourinho den Londoner Klub betreuen.
RB Leipzig hat sich in der Zwischenzeit die Dienste des Trainers von Red Bull Salzburg gesichert. Jesse Marsch wird in der nächsten Saison das Ruder in Leipzig übernehmen. Er ist damit nach Marco Rose und Adi Hütter bereits der dritte Meistertrainer des österreichischen Klubs, der einen Top-Verein der Deutschen Fußball-Bundesliga betreut. Sollte allerdings Roger Schmidt tatsächlich aus den Niederlagen zu Eintracht Frankfurt kommen, dann wäre er als vierter Ex-Trainer von Red Bull Salzburg in der Liga tätig.
Dieses ungewöhnliche Trainerkarussell ist für die beteiligten Vereine Chance und Risiko zugleich. Jeder der beteiligten Spielleiter hat seine Klasse bereits bewiesen. Ihre neuen Aufgaben geben ihnen nun die Möglichkeit ihre Karriere weiter voranzutreiben und dem Fußball in Deutschland neuen Schwung zu verleihen. Für die Fans bedeutet das noch mehr Spannung. Sie können die Spiele auf Sky verfolgen, wo seit kurzem der ehemalige Stadionsprecher des FSV Frankfurt, Albert Staudt, als Moderator der Sky Sport News tätig ist. Gut möglich, dass in der nächsten Saison die jahrelange Vorherrschaft des FC Bayern München zu Ende geht. Schließlich muss sich nicht nur Julian Nagelsmann auf der Bank, sondern auch Oliver Kahn als neuer Vorstandsvorsitzender beweisen.