Souveränität im Zahlungsverkehr / Digitaler Euro & Co. – Stärken die Gesetzesvorhaben von heute Europas Zahlungsverkehr von morgen?

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Berlin (ots) –

Die Europäische Union hat im vergangenen Jahr eine Vielzahl von regulatorischen Vorhaben auf den Weg gebracht, die den europäischen Zahlungsverkehr von morgen stärken und souveräner aufstellen sollen – so die Idee. Doch gerade die Einführung des digitalen Euro hat das Potential, den Zahlungsverkehrsmarkt in Europa gänzlich neu zu ordnen und die Position der aktuellen Marktteilnehmer neu zu bestimmen. Wie viel Innovationspotenzial und Souveränitätskraft bringen die aktuellen Regulierungsvorhaben und Marktinitiativen für den Zahlungsverkehr in Europa tatsächlich mit? Läuft die EU Gefahr mit den geplanten Regulierungen vielversprechende privatwirtschaftliche Innovationen zu hemmen? Über diese und viele weitere Fragen wurde im Rahmen des Parlamentarischen Abends der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. gestern in Berlin diskutiert.

Die aktuellen Regulierungsvorhaben sollen eine stärkere Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit für Europas Zahlungsverkehr mitbringen – insbesondere der digitale Euro. Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Konflikte in Europa hat das Streben nach Souveränität in diesem Bereich einen immer höheren Stellenwert gewonnen. Für privatwirtschaftliche Akteure, die zwangsläufig an der Umsetzung und Bereitstellung des digitalen Euro beteiligt sind, ergeben sich noch viele Fragen. Nicht nur zu allgemeinen Themen wie der praktischen Ausgestaltung, sondern auch dem Zusammenwirken mit bereits existierenden Bezahlsystemen in Europa – wie etwa dem digitalen Wallet „wero“ der European Payment Initiative (EPI). Gemeinsam diskutierten über 110 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf dem 18. Parlamentarischen Abend der Initiative über diese Fragestellungen. Eröffnet wurde der Abend von Dr. Eva Wimmer, Leiterin der Abteilung Finanzmarktpolitik im Bundesministerium der Finanzen, die einen Überblick zu den aktuellen Entwicklungen im europäischen Zahlungsverkehrsrecht und dessen Auswirkungen für Deutschland und Europa gab.

Bestehende vs. neue Bezahlsysteme – wie gelingt der Spagat im europäischen Zahlungsverkehr?

Welche Chancen aber auch Herausforderungen die aktuellen europäischen Regulierungsvorhaben für die Zahlungsverkehrsbranche mit sich bringen, hat Dr. Joachim Schmalzl, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V., in seinem anschließenden Vortrag näher beleuchtet. Als Vertreter der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) machte er deutlich, dass europäische Regulierungsvorhaben auch souveräne, nationale Zahlungsverfahren schützen und fördern sollten: „Die girocard steht im Zentrum unseres nationalen Zahlungsverkehrs und bietet sowohl Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch dem Handel bedeutende Vorteile, weil sie ein äußerst effizientes Zahlverfahren ist. Sie ist ein Symbol für Wirtschaftlichkeit und Souveränität in Deutschland und Europa.“ Neben nationalen Bezahlverfahren, wie der girocard, betrachtete Dr. Joachim Schmalzl als Aufsichtsratsvorsitzender von EPI vor allem auch die Einführung des digitalen Wallets „wero“ als wichtigen Baustein auf dem Weg zu mehr Souveränität im europäischen Zahlungsverkehr: „Beide Systeme, girocard und wero, tragen auf ihre Weise dazu bei, eine zukunftssichere und unabhängige Zahlungsinfrastruktur in Europa zu schaffen.“

Mit dem digitalen Euro zu einem souveräneren Europa?

Ob und wie der digitale Euro konkret zu mehr Souveränität und Innovationskraft in der Zahlungsverkehrslandschaft von Europa beitragen kann, wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion diskutiert. Katharina Paust-Bokrezion, Head of Payments & Digital Policy bei der Deutsche Bank AG, machte dabei deutlich, dass der Weg zu einem souveräneren Europa auch stark mit Ressourceneffizienz zusammenhänge. Im aktuellen geopolitischen Umfeld müsse die EU Themen für mehr Unabhängigkeit und Souveränität priorisieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern: „Dazu gehört auch die Unabhängigkeit und Resilienz des europäischen Zahlungsverkehrs in allen EU-Ländern und für alle EU-Währungen. Der digitale Euro wird dabei eine wichtige Rolle spielen, kann aber nur ein Teil der EU-weiten Zahlungslandschaft bestehend aus der gut funktionierenden SEPA- Infrastruktur, weitverbreiteten Karten-Schemes und multifunktionalen Wallet-Angeboten, wie wero von EPI, sein.“

Eine zentrale Frage hinsichtlich der konkreten Rahmenbedingungen des digitalen Euro zeigte sich in der Diskussion zu seiner praktischen Ausgestaltung. Kevin Hackl, Bereichsleiter Digital Banking & Financial Services beim Bitkom e.V., plädiert vor allem für mehr Trennschärfe in der öffentlichen Debatte. „Die aktuell größte Unbekannte beim Retail-Euro resultiert in zwei Fragen: Wie ist er ausgestaltet und wer möchte ihn nutzen? Hierfür muss in der Debatte besser zwischen dem Digital-Euro-Token, dem eigentlichen Bezahlmittel, und der Infrastruktur, also der Einsatzumgebung differenziert werden.“ Der Digitalverband fordert beispielsweise den Einsatz des digitalen Euro auf dezentralen Blockchains. Nur mit einer transparenten und korrekt geführten Diskussion werde man den Interessen der institutionellen und privatwirtschaftlichen Stakeholder gerecht und könne Innovation weiter voranbringen. Dies sei enorm wichtig – vor allem in Hinblick auf das Verständnis innerhalb der Bevölkerung und dem Nutzen für Verbraucher:innen.

Die Frage nach der Verbraucherfreundlichkeit ist auch für Dr. Jens Zimmermann, Mitglied des Deutschen Bundestages und digitalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, wichtiger Teil der Debatte: „Der digitale Euro muss echtes Zentralbankgeld sein und keine weitere Form von E-Geld, das es bereits gibt. Nur so kann er Verbraucher:innen einen echten Mehrwert bieten. Und darüber hinaus steht für Verbraucher:innen die Usability-Frage besonders im Zentrum. Und erst wenn sowohl User, neben anderen Akteuren wie auch Zahlungsdienstleistern, ihre Bedürfnisse durch Funktionen des digitalen Euros abgedeckt sehen, steuert das Projekt auf Erfolg zu.“ Das sei maßgebend für den Erfolg oder das Scheitern der europäischen Zentralbankwährung.

Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ziel

Bei der Dichte von regulatorischen Vorhaben sowie privatwirtschaftlichen Entwicklungen auf EU-Ebene darf das große Ganze nicht aus den Augen verloren werden: stärkere Souveränität im (digitalen) Zahlungsverkehr. „Denn auch wenn der digitale Euro das Potential hierfür mitbringt, muss die Ausgestaltung so vorangetrieben werden, dass zum einen der bestehende Markt nicht aus den Fugen gerät und zum anderen vielversprechende privatwirtschaftliche Vorhaben nicht an Wertigkeit verlieren – insbesondere, wenn beide das gleiche Ziel verfolgen. Nur gemeinsam kann Europas Zahlungsverkehr souverän und verbraucherorientiert für die Zukunft aufgestellt werden“, fasst Ingo Limburg, Vorstandsvorsitzender der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V., am Ende des Abends zusammen.

Zur Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V.

Die Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk für Unternehmen und Institutionen, die die bargeldlosen Bezahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft akzeptieren oder die notwendige Infrastruktur bereitstellen. Dazu gehört unter anderem auch die girocard als meist genutzte Debitkarte Deutschlands. Als Verein bündelt die Initiative Interessen von rund 80 Mitgliedern und vertritt sie gegenüber Politik und Medien. Seit mehr als fünfzehn Jahren beschäftigt sich die Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. mit dem Bezahlen in Deutschland.

Zu den Bezahlverfahren

Die girocard, als meist genutzte Debitkarte Deutschlands, steckt nahezu in jedem deutschen Geldbeutel. Die Marke „girocard“ steht für den übergeordneten Rahmen der deutschen Kreditwirtschaft: das girocard-Verfahren als Debitkarten-Zahlverfahren und das „Deutsches Geldautomaten-System“. Der Name und das Logo girocard wurden 2007 von der Deutschen Kreditwirtschaft eingeführt.

Pressekontakt:
Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V.
Elen Anka
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Quelle: ots