Flugrecht: Zu lange Schlange an der Sicherheitskontrolle? Entschädigung!

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In manchen Fällen können lange Wartezeiten zu verpassten Flügen führen. Fluggäste, die gezwungen sind, viel Zeit in der Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle zu verbringen und ihren Flug nicht rechtzeitig antreten können, haben unter Umständen Anspruch auf eine Entschädigung. Einen solch gelagerten Fall musste vor Kurzem das OLG Frankfurt am Main entscheiden. Im vorliegenden Verfahren hatten die Fluggäste ihren Flug in die Dominikanische Republik nicht mehr rechtzeitig erreicht. Schuld daran war die lange Schlange an der Sicherheitskontrolle.

Immer wieder Streit im EU Reiserecht

 

Streitfälle wie dieser landen immer häufiger vor den Gerichten und das, obwohl die europäische Fluggastrechteverordnung eine pauschale Entschädigung für den Fall vorsieht, dass Fluggäste ihren Flug unverschuldet nicht antreten können. Dies hat sogar so weit geführt, dass ein ganzer Branchenzweig daraus entstanden ist. Der Zweig der Legal Tech-Unternehmen treibt Forderungen für Ihre Kunden ein. Dabei sind sie darauf spezialisiert, Fälle anzunehmen, bei denen Kunden stark verspätet waren oder ihren Flug verpasst haben.

Voraussetzung für eine Entschädigung wegen langer Wartezeit

 

Um für eine Entschädigung infrage zu kommen, müssen die Fluggäste mehr als 30 Minuten in einer Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle am Flughafen gewartet haben. Dann haben sie Anspruch auf eine pauschale Entschädigung pro Person und mögliche weitere Ansprüche. Grundsätzlich gilt, wenn sie mehr als zwei Stunden in der Warteschlange verbracht haben oder Ihr Flug aufgrund übermäßig langer Warteschlangen bei der Abfertigung oder der Passkontrolle komplett gestrichen wurde, können sie eine Entschädigung von 250 € bis 600 € verlangen.

Haftung durch Fluglinie oder Bund

 

Problematisch war in diesem Fall aber der Umstand, dass nicht die Fluggesellschaft, sondern die Bundespolizei als Verantwortlicher für die Sicherheitskontrolle als Klagegegner auftrat. Ob diese eine vergleichbare Zuständigkeit trifft, wurde bereits in früheren Entscheidungen festgestellt. Trotzdem hatte der Bund Berufung gegen das ursprüngliche Urteil eingelegt und wollte kein Entschädigung an die Betroffenen zahlen.

 

Weiterhin hatte der Bund für die Durchführung der Sicherheitskontrollen ein privates Sicherheitsunternehmen beauftragt. Auch in diesem Fall könnte es zu offenen Fragen bei der Zuständigkeit führen. Davon ließ sich das Gericht aber nicht beirren und wies die Berufung des Bundes ab. Damit haben die betroffenen Fluggäste nun die volle Handhabe, um ihre Entschädigung einzufordern.

Entscheidung zugunsten der Fluggäste

 

Im vorliegenden Fall mit dem Az. 1 U 220/20 hatte das Gericht eine klare Ansicht. „Ein Fluggast muss sich aber nicht auf eine beliebige Dauer einstellen, sondern darf sich nach den Empfehlungen des Flughafenbetreibers oder Vorgaben der Fluggesellschaft richten“, lies das Gericht in der Urteilsbegründung verlauten. Damit hat ein Gericht in höherer Instanz wieder einmal die Verbraucherrechte in Reisefragen gestärkt.

Was bedeutet das für Betroffene?

 

Soweit der Fluggast sich an die Anweisungen zur Ankunft und zum Check-in am Flughafen hält, haftet die Fluglinie. Das gilt auch dann, wenn die Verzögerung auf eine langsame Sicherheitskontrolle zurückzuführen ist. Lediglich, wenn die Kunden selbstverschuldet ihre Zeit am Flughafen vertrödeln, kann ihnen das Zuspätkommen zur Last gelegt werden. Andernfalls haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Ob der Bund nun möglicherweise seine Kosten vom Betreiber des Sicherheitsunternehmens auf dem Klageweg einfordern wird, ist bisher aber noch unklar.